Friedland – das „Tor zur Freiheit“

Unterkünfte im Lager Friedland

Unterkünfte im Lager Friedland (© Wistula, via Wikimedia Commons)

Friedland ist nicht nur der Name einer niedersächsischen Gemeinde im Landkreis Göttingen, sondern zugleich auch die Bezeichnung für das dort befindliche Grenzdurchgangslager. Dieses wurde von der britischen Besatzungsmacht auf dem Gelände der nach Friedland ausgelagerten agrarischen Versuchsanstalt der Universität Göttingen erbaut und am 20. September 1945 eröffnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente es vorerst als Zufluchtsort für vertriebene Deutsche aus dem Sudetenland wie auch den ehemals deutschen Ortsgebieten. Heute trägt Friedland auch den Beinamen „Tor zur Freiheit“.

Geschichte des Lagers Friedland

Früher bestand das Grenzdurchgangslager aus ehemaligen Baracken, Nissenhütten und Stallgebäuden. Die Tatsache, dass die Ortschaft am Grenzpunkt der sowjetischen Besatzungszone (Thüringen), der amerikanischen Besatzungszone (Hessen) und der britischen Besatzungszone (Niedersachen) sowie an der Bahnstrecke zwischen Kassel und Hannover lag, machte sie zum optimalen Standort für ein Flüchtlingslager. Anfangs waren es tausende Angehörige der Wehrmacht am Tag, die hier den sogenannten D2-Schein als Bescheinigung ihrer Entlassung aus dem Militärdienst, ihren Wehrsold sowie ein Entlassungsgeld erhielten. Zudem wurden sie von der Caritas mit Zivilkleidung aus Spenden versorgt.

Zu Beginn durfte sich jeder Flüchtling höchstens 24 Stunden im Lager aufhalten. Eine Untersuchung und Desinfizierung waren für alle obligatorisch. Für den Ausbau der Einrichtung beschlagnahmte man Baumaterial und bediente sich der Arbeitskraft Kriegsgefangener. Das Gelände wurde mit einem Stacheldrahtzaun gesäumt und mit Schlagbäumen an den Eingängen ausgestattet.

Es gab drei Arten von Baracken: Für Frauen, Mütter mit Kleinkindern und für Männer. Die Leitung des Lagers übernahm bald ein ehemaliger deutscher Offizier. Die Ankunft von Kindergruppen stellte für die Angestellten eine besondere Herausforderung dar. Es wurde versucht Angehörige ausfindig zu machen. Zudem wurden in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz begleitete Reisen organisiert. Später bürgerte es sich ein, dass Angehörige telegrafisch dazu aufgefordert wurden, ihre Kinder abzuholen. Neben Plakaten, die ausgehängt wurden, gab es im Radio ebenso spezielle Suchdienstsendungen.

1957 folgte die Gründung des Vereins Friedlandhilfe, dessen Ziel es war, Neuankömmlinge bei der Wiedereingliederung zu unterstützen. Die Hilfsorganisation wurde über viele Jahre von Johanne Büchting geleitet und sammelte rund 100 Millionen DM an Spendengeldern.

Herkunft der Flüchtlinge

Heimkehrer im Lager Friedland, Besuch des Bundespräsidenten, 17.-19.10.1955

Die deutschen Heimkehrer, 1955 (© Bundesarchiv, via Wikimedia Commons)

Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg waren von der Heimkehr hunderttausender Personen aus der Kriegsgefangenschaft geprägt. Die große Zahl erforderte die vorübergehende Einrichtung einer Außenstelle in Dassel. Durch seine Visite in Moskau konnte der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer 1955 schließlich auch die Rückkehr der letzten Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion erwirken.

Später nützte man das Lager als Übergangslager für DDR-Übersiedler. Heute dient es vor allem als Aufnahmelager für Spätaussiedler – Zuwanderer deutscher Abstammung, die aus einem Ostblockstaat in die Bundesrepublik Deutschland dauerhaft übersiedeln. Das Lager Friedland ist seit Oktober 2002 die einzige Erstaufnahmeeinrichtung für Spätaussiedler in ganz Deutschland. 1978 waren es die Boatpeople aus Vietnam, 1984 die Tamilen aus Sri Lanka und 1990 albanische Emigranten.

Ende März 2009 diente Friedland wieder als Durchgangslager für insgesamt 2500 Flüchtlinge aus dem Irak, von denen die meisten der christlichen Minderheit angehörten, welche im Irak verfolgt wird. 2013 kamen die ersten von 5000 Kontingentflüchtlingen aus Syrien an.

Das Lager Friedland heute

2009 verfügte das Lager noch über 1000 Betten und beschäftigte in etwa 100 Mitarbeiter. Die Aufgenommenen erhalten in Friedland zunächst halbjährige Integrationskurse, bevor sie in die ihnen zugewiesenen Bundesländer weiterreisen dürfen. Seit 2011 trifft diese Praxis jedoch nicht mehr auf alle Asylbewerber zu. Letztere verbringen 3 bis 12 Wochen im Lager – die Aufenthaltsdauer hängt von ihrem psychischen Zustand etc. ab – und bekommen danach Wohnungen im Land Niedersachsen zugeteilt, wo sie das Resultat ihres Asylverfahrens abwarten. Für die Asylverfahren ist die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen zuständig.

Heute sind Einrichtungen der Inneren Mission, der Diakonie Deutschland wie auch des Deutschen Caritasverbandes auf dem Gelände vertreten. Gemeinsam unterhalten Sie Schulungsräume sowie Jugend- und Frauenzentren.

Hilfsorganisationen im Grenzdurchgangslager Friedland tun ihr Bestes, um den Aufgenommenen, trotz der zumeist kurzen Aufenthaltsdauer, die Grundlagen der deutschen Sprache zu vermitteln sowie eine Orientierungshilfe zu den Strukturen des Arbeitsmarkes, Bildungsweges und der Kultur in Deutschland zu geben. Wie sich dies in etwa gestaltet, zeigt das nachfolgende Video aus dem Jahr 2015.

Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst (BND) haben in Friedland eigene Dienststellen. Mitarbeiter des BND interviewen Flüchtlinge regelmäßig über die Situation in ihren Herkunftsländern wie auch die Umstände ihrer Flucht. Bereits nach dem Kriegsende wurden derartige Gespräche mit Soldaten geführt, um die Namen der noch festgehaltenen Kameraden zu erfahren.

Im März 2015 wurde im Rahmen des 70-jährigen Bestehens des Grenzdurchgangslagers ein Tag der offenen Tür veranstaltet. Dabei stellten die einzelnen Organisationen und Einrichtungen ihre Tätigkeiten im Lager vor, es gab Führungen und man konnte sich mit den Flüchtlingen unterhalten.

Wegen Überfüllung aufgrund der Flüchtlingskrise in Deutschland im Jahre 2015, wurden Außenstellen in Dassel und Hahnenklee eingerichtet, die unter Leitung des CVJM-Gesamtverbandes in Deutschland standen.

Museum Friedland

Das Museum, das sich in der Nähe des Lagers im früheren Bahnhofsgebäude befindet, wurde am 18. März 2016 vom niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius und dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil eröffnet. Es veranschaulicht die Geschichte des Lagers bis in die Gegenwart sowie einzelne Fluchtgeschichten. Bis 2020 ist geplant, das Museum um eine internationale Akademie und ein Informationszentrum zu erweitern.

Friedland und das Theater

Das Lager Friedland war bereits das Sujet zweier Theaterstücke. In Kooperation mit dem Deutschen Theater Göttingen brachte 2009 die Werkgruppe 2 das Stück „Friedland“ auf die Bühne. 2014 feierte ein Projekt des Jungen Theaters und der Universität Göttingen unter dem Titel „Schön, dass ihr da seid“ Premiere.