Am 11. Dezember 1997 trafen im Kyoto International Conference Center im nordöstlichen Stadtteil Sakyō-ku teilnehmende Delegierte
zu Arbeitssitzungen zusammen. In dem ursprünglich vom 1. bis zum 10. Dezember festgesetzten Zeitraum, sollten die Abgesandten die Gelegenheit haben, zahlreiche, noch ungeklärte Fragen zur künftigen Klimapolitik zu lösen.
Die Konferenz sprengte den Rahmen von allem bisher Dagewesenem. 158 Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention sowie 6 Beobachterstaaten entsandten fast 2.300 Delegierte. Nichtregierungsorganisationen und sonstige internationale Gruppierungen schickten 3.900 Beobachter. Nicht zuletzt waren ebenso 3.700 Medienvertreter anwesend. Somit betrug die Gesamtzahl der teilnehmenden Personen beinahe 10.000.
Zu Anfang wurde die Verhandlungsrunde für zehn Tage anberaumt. Doch schon bald entwickelte sie sich zu einer der unüberschaubarsten, aber auch dynamischsten internationalen Umweltkonferenzen der Geschichte. Neben den Diskussionen, die zum Thema Klimarahmenkonvention stattfanden, entstand ein „Gesamtkomitee“ (Committee of the Whole, kurz COW), welches die eigentlichen Klimaschutz-Protokollverhandlungen abwickelte. Der Vorsitzende des COW war der Argentinier Raúl Estrada Oyuela.
Das COW bildete des Weiteren mehrere untergeordnete Verhandlungsrunden, welche sich institutionellen Fragen sowie der Rolle und den Belangen der Entwicklungsländer widmen sollten. Zusätzlich wurden zahlreiche Gruppen gegründet, die Themenpunkte wie Emissionshandel oder Kohlenstoffsenkung diskutieren sollten.
Die Verhandlungen sprengten letztendlich den zunächst angenommenen Rahmen. In der Endphase der Konferenz hatten die wichtigsten Delegierten einen richtigen Marathon hingelegt: sie verhandelten 30 Stunden lang, ohne Schlaf und lediglich mit kurzen Pausen dazwischen. Erfreulicherweise konnten sie letztendlich bei den relevantesten Fragen einen Konsens finden, unter anderem bei der genauen Bezifferung der Reduktionsziele für alle Industrieländer.
Die Industriestaaten, welche im Anhang B des Kyoto-Protokolls gelistet sind, verpflichteten sich, im Zeitraum von 2008 bis 2012 – der ersten Verpflichtungsperiode – ihre Treibhausgasemissionen um durchschnittlich 5,2 % im Vergleich zum Basisjahr zu senken. Dabei galt prinzipiell das Jahr 1990 als Basisjahr.
Die Senkung bezog sich auf sechs Treibhausgasse bzw. Treibhausgasgruppen, welche im Anhang A des Protokolls angeführt sind: Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O, auch bekannt unter dem Namen Lachgas), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW/HFCs), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW/PFCs) sowie Schwefelhexafluorid (SF6). Diejenigen Treibhausgase dagegen, die bereits im Montreal-Protokoll reguliert worden waren, wurden davon ausgeschlossen.
Hinsichtlich des Basisjahres wurden zwei Optionen zur Abweichung bestimmt:
Die Vorgaben, zu deren Einhaltung sich die einzelnen Länder verpflichteten, hing vor allem von ihrem ökonomischen Entwicklungsgrad ab. Für die Staaten, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls der Europäischen Union bereits beigetreten waren (EU-15), war eine Emissionssenkung um insgesamt 8% vorgesehen. Diese umfassten: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Dänemark, Irland, Vereinigtes Königreich, Griechenland, Portugal, Spanien, Finnland, Österreich und Schweden.
Dabei teilten sie das durchschnittliche Reduktionsziel nach dem Prinzip der Lastenteilung (burden sharing) untereinander auf. Deutschland entschied sich zum Beispiel die Treibhausgasemissionen um 21% zu senken, während sich Großbritannien zur Reduktion um 12,5% verpflichtete. Frankreich hingegen beschloss den Treibhausausstoß auf dem Niveau von 1990 zu stabilisieren und Spanien das Emissionswachstum auf 15% zu beschränken. Die Ziele der einzelnen Länder unterschieden sich also erheblich voneinander.
Die zuvor erwähnte Gruppe „Volkswirtschaften im Übergang“ bezieht sich auf die früheren sozialistischen Staaten bzw. die Nachfolgestaaten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa. Russland und die Ukraine beispielsweise, beschlossen das Emissionslevel der Basisjahre nicht zu überschreiten. Länder wie Tschechien oder Rumänien verpflichteten sich zu einer Senkung bis zu 8%.
Keine Beschränkungen waren hingegen für alle Entwicklungsländer und Schwellenländer wie die Volksrepublik China, Brasilien und Indien geplant. Auch Malta und Zypern, die nicht im Anhang B des Kyoto-Protokolls gelistet waren, mussten sich nicht an die Reduktionsvorschriften halten.
Interessant zu erwähnen ist, dass das Kyoto-Protokoll weder den CO2-Ausstoß des internationalen Luftverkehrs noch der internationalen Seeschifffahrt regelt, und dies trotz der Tatsache, dass diese beiden Emissionsquellen im Ländervergleich 2005 Platz 7 belegten. Im Protokoll werden lediglich „Bemühungen“ in diesem Rahmen erwähnt, welche weiterhin fortgesetzt werden sollen.
Es ist deshalb nur allzu verständlich, dass die Reduktionsziele umgehend Kritik ernteten. Vor allem Umweltschützer hielten die Senkungsziele des Protokolls für unzureichend. Kritische Stimmen waren ebenso aus dem Wirtschaftslager zu hören. Dessen Vertreter äußerten Bedenken bezüglich der Kosten, mit welchen, ihrer Meinung zufolge, die Umsetzung des Protokolls verbunden sein würde.
Es wurde festgesetzt, dass das Protokoll erst dann in Kraft treten soll, sobald mindestens 55 Staaten das Abkommen für rechtsgültig erklärt haben. Diese 55 Länder sollten zusammengerechnet mehr als 55% der CO2-Emissionen des Jahres 1990 verursachen. Mit Islands Ratifikation am 23. Mai 2002 wurde diese Mindestzahl erreicht. Als die Vereinigten Staaten aus dem Protokoll 2001 ausstiegen, musste deshalb die Weltgemeinschaft auf den Beitritt Russlands warten. Dieser erfolgte am 5. November 2004 unter Präsident Wladimir Putin.
Das Kyoto-Protokoll trat 90 Tage nach der Ratifizierung durch das russische Parlament in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt hatten es 128 Staaten für verpflichtend und rechtsgültig erklärt. Später wurden es 192 Länder, die dem Protokoll entweder beigetreten waren, es ratifiziert oder ihm formell zugestimmt hatten.
Die USA und Australien hatten das Protokoll zunächst signiert, dann aber nicht für rechtsgültig erklärt. Im Fall der Vereinigten Staaten zeichnete sich diese Tendenz bereits im Juli 1997 ab, als der US-Senat die Byrd-Hagel Resolution mit 95:0 Stimmen unisono verabschiedete. Darin stellten die Senatoren die Bedingung, dass, solange nicht auch die Entwicklungsländer zu Emissionssenkungen verpflichtet würden, die USA die Ratifizierung eines international verbindlichen Klimaschutzabkommens verweigern würden. Ebenso wurde eine derartige Verpflichtung an die Bedingung der wirtschaftlichen Intaktheit der USA geknüpft.
Obwohl Al Gore 1998 das Protokoll unterschrieben hatte, zog George W. Bush im Jahr 2001 die geleistete Unterschrift wieder zurück. Damit war der offizielle Ausstieg der USA aus dem Kyoto-Prozess besiegelt.
Der neu gewählte australische Regierungschef Kevin Rudd ratifizierte erst am 3. Dezember 2007 das Protokoll.
2011, kurz nach dem Ende des Gipfels von Durban, teilte schließlich auch der kanadische Umweltminister Peter Kent den vorzeitigen Ausstieg Kanadas aus dem Kyoto-Protokoll mit. Somit waren die USA wie auch Kanada die einzigen Industrieländer, die keine völkerrechtlich verbindlichen Mitglieder des Protokolls waren.
Nach fünfjährigen intensiven Verhandlungsrunden wurde 2012 die zweite Verpflichtungsperiode beschlossen und damit die Fortsetzung des Kyoto-Protokolls erreicht. Die neu festgesetzte Verpflichtungsperiode bezieht sich auf den Zeitraum von 2013 bis 2020. Die im Annex B des Kyoto-Protokolls angeführten Staaten verpflichten sich ihre Emissionen bis 2020 um 18% gegenüber 1990 zu reduzieren. Die EU geht diesmal einen Schritt weiter und bekennt sich zu einer 20%-igen Treibhausgasreduktion.
Was hat sich im Vergleich zur ersten Verpflichtungsperiode geändert?
Die zweite Verpflichtungsperiode wird nach 90 Tagen rechtswirksam, nachdem sie von 144 Mitgliedsstaaten des Kyoto-Protokolls anerkannt worden ist. Bis zum 25. November 2017 traf das auf 94 Staaten zu. Nachdem Polen die Finanzierung neuer „sauberer“ Kohlekraftwerke durch die EU als Bedingung für seine Zustimmung gefordert hatte, hat die Europäische Union bis zum besagten Datum die Änderungen noch nicht akzeptiert, hatte jedoch angekündigt, die Ratifizierung bis Ende 2017 durchzuführen.