Neues Wasserbewusstsein

Vom Forscher über Landwirt bis hin zum Otto-Normalbürger – sie alle stimmen in einem überein: Wasser ist lebenswichtig! Ebenso wird die Bevölkerung bereits seit Jahren für das Thema Wasserkonsumption, Wassermanagement und den nachhaltigen, umweltfreundlichen Umgang mit dem Lebensquell sensibilisiert. Es gibt das „Jahr des Wassers“, „Weltwassertage“, „Weltwasser-Foren“, das „UNO-Jahr der Zusammenarbeit im Wasserbereich“ etc. Medien, diverse Institutionen, die Politik befassen sich extensiv mit der Thematik und präsentieren ein Zukunftsbild, das nicht nur zum Nach- und Umdenken anregt, sondern auch Panik und Angst verbreitet. Doch wie steht es tatsächlich um diese wertvolle Ressource? Um diese sooft gestellte Frage zu beantworten, ist es vorerst notwendig, den Wasserkreislauf zu verstehen und einen Blick auf die Entstehung des Trinkwassers zu werfen.

Wasser wird in ein Glas gefüllt.

Wasserkreislauf und Trinkwasser

Kreislauf des Wassers

Wasserkreislauf (© USGS Georgia Water Science Center, Illustration © John Evans & Howard Perlman, via Wikimedia Commons)

Konsensschätzungen zufolge beträgt das Volumen des gesamten Meerwassers die Vorstellung überragende 1,4 Milliarden Kubikkilometer. Dabei enthält jeder einzelne Kubikkilometer eine Milliarde Kubikmeter Wasser. Würde man alles Meerwasser rund um den Äquator konzentrieren, ergäbe sich daraus ein 800 Kilometer breiter Wasserwall von 40 Kilometern Höhe (!)

Die Ozeane gelten als die größten Wasserspeicher der Erde. Sie bedecken den Großteil der Erdoberfläche. Die Sonne erwärmt das Wasser. Hauptsächlich an der Meeresoberfläche, zum Teil aber auch auf dem Festland, entsteht durch Verdunstung Luftfeuchtigkeit. Der Wind transportiert diese zum Festland. Trifft feuchte Luft auf kalte Luftschichten, schiebt sie sich darüber und steigt hoch – man spricht bei dieser Erscheinung von einer Warmfront. Wenn sie auf Bergflanken trifft oder über dem warmen Untergrund aufgewärmt wird, nennt man das Konvektion.

Während die Luft aufsteigt, kühlt sie ab und kann dadurch weniger Wasserdampf absorbieren als wärmere Luft. Aus diesem Grund kondensiert ab einer gewissen Höhe der in der Luft enthaltene Wasserdampf. Wolken bilden sich. Haben die Wassertröpfchen die richtige Größe angenommen, kommt es zu Niederschlägen. Abhängig von der Temperatur, fällt das Wasser als Regen, Schnee oder Hagel auf die Erde zurück. Fallen die Niederschläge direkt in die Gewässer, ist der Kreislauf damit beendet und kann wieder erneut beginnen. Wasser, welches auf die Erde fällt, versickert ins Grundwasser. Über Quellen, Flüsse und den Grundwasserfluss gelangt es wieder in die Ozeane. Dasselbe geschieht auch mit Schmelzwasser von Schnee und Gletschern und oberflächlich abgeführtem Regenwasser. In Polargebieten und Hochgebirgen wiederum, wird ein gewisser Prozentsatz des Niederschlags als Eis gespeichert und wird über Schmelzwasser ebenso in die Ozeane transportiert.

Die Sonnenergie leistet also die ganze Arbeit. Die auf diese Weise entstehenden Regenmengen sind enorm! Jeden Tag fallen 1350 Kubikkilometer Wasser in Form von Regen. 300 Milliarden Kubikmeter davon landen jeden Tag auf den Landmassen der Erde – in Zeitintervallen gerechnet, regnet es alle fünf Minuten einen Kubikkilometer Wasser. Die Wasservorräte werden also pausenlos aufgefüllt.

Wer sind die größten Wasserverbraucher?

Würde dieses Wasser gleichmäßig auf alle Erdbewohner verteilt werden, hätte jeder 43.000 Liter Wasser pro Tag zur Verfügung. Im Verhältnis dazu verbraucht der durchschnittliche Deutsche 123 Liter am Tag. Doch der wohl größte Konsument von Wasser ist die Agrarwirtschaft: Eine Milchkuh nimmt zwar pro Tag bis zu 120 Liter auf, aber wenn man das in Hinsicht auf Fleischproduktion hochrechnet, werden für ein Kilogramm Rindfleisch insgesamt 16.000 Liter benötigt! Doch auch Anbaupflanzen dursten nach Wasser. Baumwolle, Reis, Weizen oder Zuckerrohr sind sogar richtige „Schluckspechte“. Beispielsweise werden bis zu 11.000 Liter Wasser benötigt, um nur ein Kilogramm Baumwolle zu erzeugen! Logischerweise ist Agrarwirtschaft deshalb das bevorzugte Angriffsziel, wenn über den Wasserverbrauch bzw. Wassersparen diskutiert wird.

Luxusversorgung Mitteleuropas

In der niederschlagsreichen Schweiz fallen zum Beispiel im Schnitt 1,5 Meter Regen pro Jahr. Das sind insgesamt 62 Kubikkilometer pro Jahr bzw. 21.000 Liter pro Tag für jeden Schweizer. In Deutschland gewinnen die rund 3.000 Wasserwerke aus den jährlich anfallenden 165 Kubikkilometern Regen circa 3,5 Kubikkilometer Leitungswasser. Davon werden lediglich zwei Prozent als Trinkwasser aufbereitet. Bei diesen Mengen von der Notwendigkeit des Wassersparens zu sprechen, ist absurd!

Pflanze wird vom Regen bewässert.

Trotz Wasserfülle ist bewusster Umgang mit Wasser gefragt

Auch wenn Trinkwasser ein unerschöpflicher Rohstoff ist, bedeutet dies nicht, dass wir kopflos damit umgehen sollten. Die Öko-Bewegung, die in den vergangenen Jahren enorm an Einfluss dazugewonnen hat und den bewussten Umgang mit Wasser global immer weiter verbreitet, ist ein schönes Sinnbild dafür, dass sich die Menschheit auf dem richtigen Weg befindet. Auch die Industrie reagiert mittlerweile auf die Bewusstseinswandlung der Konsumenten mit bioabbaubaren und umweltschonenden Produkten und unterstützt damit den wertschätzenden Umgang mit Wasser.

Mit kleinen Schritten in eine wasserreiche Zukunft

Umdenken braucht Zeit. Es braucht gewiss auch Aufklärungsarbeit und es ist auch gut so, dass damit bereits in Kindergärten und Schulen begonnen wird, denn diese neue Generation von Kindern wird ihren Kindern bereits eine weitaus reifere Umweltmoral vermitteln. Doch auch weltweit breitet sich das neue Wasserbewusstsein aus und trägt bereits Früchte. So hat sich laut Bericht der UN zu den Millenniums-Entwicklungszielen die Versorgung mit Trinkwasser deutlich verbessert. Schon alleine zwischen 1990 und 2011 ist der Anteil der Weltbevölkerung mit Zugang zum klaren, frischen Trinkwasser von 76 auf 91 Prozent gestiegen.

Warum also im Bezug auf Wasser Angst und Schrecken verbreiten? Wäre es nicht viel produktiver weiter an diesem neuen Wasserbewusstsein zu feilen, die Menschen noch mehr dafür zu sensibilisieren? Wasser ist im Überfluss da. Und mit steigernder Wertschätzung für Wasser und den zurzeit intensivst laufenden umweltverbessernden und -schonenden Veränderungen, kann es zukünftig nur besser werden!