Vierzig Jahre nach dem Tod Che Guevaras geht der Bremer Filmemacher Wilfried Huismann in seinem Dokumentarfilm „Schnappschuss mit Che“ der Authentizität des letzten Fotos im Leben des kubanischen Revolutionärs nach und entlarvt es als Fälschung eines CIA-Agenten.
Das besagte Foto ist das allerletzte Foto, das im Leben von Che Guevara kurz vor seiner Erschießung am 9. Oktober 1967 in Bolivien aufgenommen wurde. Es zeigt einen gedemütigten und geschlagenen Che – neben ihm der junge Exil-Kubaner und CIA-Agent Felix Rodríguez mit vor Stolz geschwellter Brust. Rodríguez gilt als der Mann, der Che Guevara aufgespürt und mit ihm das letzte Verhör geführt hat. Wie das berühmte Foto, ist auch seine Schilderung der letzten Stunden des kubanischen Volkshelden in die Geschichtsbücher eingegangen.
Eigentlich wollte der dreifache Grimme-Preisträger Huismann die außergewöhnliche Freundschaft zwischen Felix Rodríguez und Dariel „Benigno“ Alarcón porträtieren. Letzterer war einer von nur drei Mitstreitern Che Guevaras, die den Guerilla-Kampf in Bolivien überlebt hatten. Als Benigno nach Kuba zurückkehrte, beschloss er den Tod Che Guevaras zu rächen und machte als Geheimdienstoffizier Jagd auf Rodríguez. Ohne Erfolg. „Es war, als hätte er sieben Leben – wie eine Katze“, meint Benigno im Film.
Viele Jahre später flüchtete er nach Frankreich ins Exil und nahm von dort Kontakt mit dem CIA-Agenten auf. Von ihm erhoffte er sich zu erfahren, wie sich Che Guevara in den letzten Stunden vor seinem Tod verhalten hatte. Aus den ehemaligen Todfeinden wurden allmählich Freunde. Eine faszinierende Geschichte, die genügend Stoff für einen 50-minütigen Dokumentarfilm liefert. Doch während der Dreharbeiten begann Huismann immer mehr an der Glaubwürdigkeit von Rodríguez zu zweifeln. Er recherchierte und fand in Bolivien den ehemaligen Piloten Guzmán, der Rodríguez damals zu Che Guevaras Versteck gebracht hatte. Jener bestätigte zwar, das Foto aufgenommen zu haben, beteuerte aber auch, dass Rodríguez nie auf dem ursprünglichen Bild gewesen sei. Che Guevera soll sich sogar geweigert haben mit dem CIA-Agenten zu sprechen und ihm voller Verachtung ins Gesicht gespuckt haben.
Huismanns Nachforschungen zufolge hat sich Rodríguez demnach nachträglich in die Aufnahme hineinmontiert. Doch was wollte er damit bezwecken? Wollte er bewusst das Leben Che Guevaras falsch darstellen, um das vorherrschende Image des starken Ches zu zerstören? Oder ging es ihm darum, sich selbst einen Platz in der Geschichte zu schaffen?
Indem Huismann Rodríguez als Fälscher entlarvt, zerstört er damit beinahe die Freundschaft, die er eigentlich anfänglich darstellen wollte. Doch gerade diese Wendung der Ereignisse macht „Schnappschuss mit Che“ zu einem äußerst unterhaltsamen Lehrstück über die kuriosen Wirren der lateinamerikanischen Geschichte.
Für seinen brisanten Dokumentarfilm wurde Huismann 2009 auf dem New York Festival in New York mit dem „Gold World Medal“ in der Kategorie „National/International Affairs“ ausgezeichnet.